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Was sollte eine Klagschrift außerdem enthalten?

zu einer vollständigen Klagschrift gehören nach § 65 Absatz 1 Satz 4 FGO außerdem:

Klageantrag

Der Klageantrag ist – ebenso wie der von der Gegenseite gestellte Antrag auf Klagabweisung – eine wesentliche prozessuale Voraussetzung für ein streitentscheidendes Endurteil in der Sache. Zu ihm gehören namentlich die Bezifferung der festzusetzenden Steuer oder zumindest die konkrete Bezeichnung der zur Berechnung der Steuer erforderlichen Angaben.
Zwar wird der Klageantrag regelmäßig erst in der mündlichen Verhandlung zu Protokoll gestellt. Gleichwohl empfiehlt es sich stets, ihn schon in den vorbereitenden Schriftsätzen anzukündigen, damit das Ziel des finanzgerichtlichen Verfahrens feststeht.
Soll das Endurteil – bei Verzicht auf mündliche Verhandlung – im schriftlichen Verfahren ergehen, so muss der Klageantrag (ebenso wie der Antrag auf Klagabweisung) in einem der vorbereitenden Schriftsätze gestellt werden.

Klagebegründung einschließlich der zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel

Das "Abarbeiten" der vorgenannten Punkte entbindet nicht von der Notwendigkeit einer eingehenden Klagebegründung, wobei eingehend nicht bedeutet, dass die Klagebegründung weitschweifig sein soll. Wichtig ist, dass – möglichst frühzeitig – alle für den Ausgang des Verfahrens erheblichen Tatsachen und Beweismittel, mit denen der Prozess gewonnen werden soll, von Ihnen genau vorgetragen und somit dem Gericht bekannt werden. Zeugen, auf die Sie sich bei einer Beweisführung berufen wollen, müssen

  • mit ihrem vollständigen Namen und
  • ihrer ladungsfähigen Anschrift

benannt werden. Urkunden und Belege, auf die Sie sich berufen wollen, können (und sollten zunächst) in Kopie vorgelegt werden. Sie müssen aber damit rechnen, dass das Gericht auch die Urschriften von Ihnen anfordert.
Ein Prozess ist grundsätzlich erst dann "entscheidungsreif", wenn dem Gericht alle zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel benannt und die erforderlichen Beweise erhoben wurden, so dass der Sachverhalt vollständig aufgeklärt ist.
Anderes gilt jedoch, wenn Tatsachen und Beweismittel – etwa nach Ablauf einer vom Gericht gesetzten Ausschlussfrist – verspätet vorgetragen werden und deshalb nicht mehr berücksichtigt werden können.

Mitteilung, ob Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den/die Berichterstatter/in besteht

Bei den Finanzgerichten werden Senate gebildet, die in der Besetzung mit drei Berufsrichtern bzw. –richterinnen (Vorsitzende:r und zwei Berichterstatter:innen) sowie zwei ehrenamtlichen Richter:innen entscheiden, soweit nicht ein(e) Einzelrichter:in entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden wirken die ehrenamtlichen Richter:innen nicht mit.

Ein Senat kann den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter:in zur Entscheidung übertragen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§ 6 Abs, 1 FGO). Eine solche Übertragung wird ggf. unabhängig von dem Willen der Beteiligten vorgenommen.
Darüber hinaus kann der (oder die) Vorsitzende bzw. Berichterstatter:in den Rechtsstreit auch sonst anstelle des Senats als Einzelrichter:in entscheiden, wenn die Beteiligten ihr Einverständnis damit erklären (sog. konsentierte:r Einzelrichter:in, vgl. § 79a Abs. 3 und 4 FGO). Sollte daher – was in der Praxis häufig vorkommt – kein Interesse an einer Senatsentscheidung bestehen, z. B. weil

  • die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und/oder
  • die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat,

ist es angezeigt, dem Gericht mitzuteilen, dass Einverständnis mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch den (die) Berichterstatter:in besteht. Sofern der Beklagte eine entsprechende Erklärung abgibt, können Sie damit rechnen, dass der Prozess durch den (die) Berichterstatter:in geleitet und entschieden wird.

Bei Verzicht auf mündliche Verhandlung Abgabe einer entsprechenden Erklärung

Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 90 Abs. 1 FGO). Die Finanzgerichtsordnung eröffnet jedoch in § 90 Abs. 2 FGO die Möglichkeit, mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. Dieses Verfahren empfiehlt sich beispielsweise, wenn der Sachverhalt unstreitig ist und lediglich eine Rechtsfrage zur Entscheidung ansteht. Prozessuale Voraussetzung dafür ist, dass alle am Prozess Beteiligten (Kläger:in und Beklagter) dem Gericht gegenüber eine entsprechende Erklärung abgeben.

Sollte kein Interesse an einer mündlichen Verhandlung bestehen, kann dem entsprochen werden, wenn dem Gericht gegenüber – möglichst frühzeitig, bevor Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt worden ist – eine entsprechende Erklärung abgegeben wird und die beklagte Behörde dem zustimmt.

Urschriften oder Abschriften des angefochtenen Bescheides und der Entscheidung im Vorverfahren

Die angefochtenen Bescheide und Entscheidungen im Vorverfahren (der Verwaltungsakt und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung) sollten Ihrer Klage grundsätzlich als Anlagen beigefügt werden. Dabei sind im "Normalfall" Fotokopien ausreichend. Nicht nur für den (oder die) zuständige:n Richter:in, sondern für alle Mitarbeiter:innen am Gericht ist es eine wesentliche Erleichterung, wenn die angefochtenen Bescheide in Kopie als Anlagen beifügt werden. Unterbleibt dies, muss das Gericht die angefochtenen Bescheide von der beklagten Behörde (ggf. zusammen mit den Behördenakten) anfordern. Die Bearbeitung "Ihres" finanzgerichtlichen Verfahrens wird dadurch erschwert.
Wird mit der Klage der Erlass eines bestimmten – z. B. begünstigenden – Bescheides begehrt, den die Behörde verweigert (sog. Verpflichtungsklage), sollten Sie die Bescheide (den Ausgangsbescheid und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung) beifügen, mit denen die Behörde den Erlass des begehrten Verwaltungsaktes abgelehnt hat.

Mitteilung des Streitwertes

Der Streitwert ist im finanzgerichtlichen Verfahren – sofern der Streit ein Rechtsverhältnis aus dem Steuerrecht zum Gegenstand hat – regelmäßig gleichzusetzen mit der durch die Klage angestrebten Steuerminderung. Ist Gegenstand des Rechtsstreits ein Verfahren wegen Familienleistungsausgleich (Kindergeld), so folgt er regelmäßig aus der Höhe des geltend gemachten (oder von der Familienkasse zurückgeforderten) Kindergeldes.
In der Praxis haben die Beteiligten oft eine klare Vorstellung von der Höhe des Streitwertes, während er für das Gericht – jedenfalls im Anfangsstadium des Verfahrens – nicht ohne weiteres erkennbar ist. Deshalb ist es hilfreich, wenn Sie den Ihnen bekannten Streitwert dem Gericht in ihren vorbereitenden Schriftsätzen mitteilen.

Einreichung aller Schriftsätze und Anlagen mit Abschriften für die anderen Prozessbeteiligten (§ 77 FGO)

Die Waffengleichheit im Prozess verlangt, dass alle am Prozess beteiligten Personen die gleiche Kenntnis vom Stand des Verfahrens haben. Deshalb ist es erforderlich, dass alle Schriftsätze der Klägerseite vom Gericht dem Beklagten zugestellt werden, ebenso wie alle Schriftsätze des Beklagten der Klägerseite zuzustellen sind.

Was ist zu tun, wenn zu dem einen oder anderen der genannten Punkte (noch) nichts vorgetragen werden kann?

Wenn das der Fall ist, sollte es – möglichst unverzüglich unter Darlegung der Gründe – dem Gericht vorgetragen werden, damit es die klagende Partei (unter Vermeidung unnötiger Kosten) auf die daraus folgenden Konsequenzen hinweisen kann. Ist z. B. eine Klagerücknahme angezeigt, so entstehen, wenn sie rechtzeitig erfolgt, nur reduzierte Gerichtsgebühren.

Im übrigen gilt:

In der Praxis des Finanzgerichts Bremen werden neu eingegangene Klagen ohne Ausnahme durch den (oder die) zuständige:n Berichterstatter:in zunächst daraufhin durchgesehen, ob die Klageschrift Ausführungen zu den vorstehend genannten Punkten enthält.
Anschließend ergeht eine sog. Eingangsverfügung des (oder der) Berichterstatters bzw. Berichterstatterin an die Prozessbeteiligten (Kläger:in und Beklagte), in der diese Gelegenheit erhalten, sich binnen einer angemessenen Frist zu den angesprochenen, noch offenen Punkten zu äußern und den damit ggf. verbundenen Auflagen des Gerichts nachzukommen. Die vorstehenden Ausführungen sind also – wenn schon nicht in erster Linie – auch als Erläuterungen der regelmäßig vom Gericht versandten Eingangsverfügung zu verstehen.

Das Gericht kommt mit dem genannten Verfahren seiner prozessualen Hinweispflicht nach. Zugleich wird damit ausgeschlossen, dass eine prozessual unerfahrene Partei gegenüber der beklagten Behörde, die im Normalfall fundierte Erfahrungen in der Führung finanzgerichtlicher Verfahren hat, Nachteile erleidet.

In der finanzgerichtlichen Praxis kommt es vor, dass Klagen zunächst nur zur Wahrung der Klagefrist – welche einen Monat beträgt – erhoben werden und eine spätere Klagebegründung in Aussicht gestellt wird. Gleichwohl sollte die berechtigte Erwartung, dass noch Gelegenheit zum "Nachbessern" gegeben wird und außerdem mit den Prozess fördernden Hinweisen des Gerichts gerechnet werden darf, nicht zu einer von vornherein nachlässigen Prozessführung verleiten.
Schließlich können die aufgezeigten Anforderungen an eine Klage vor dem Finanzgericht als Richtschnur genommen werden, um die Erfolgsaussichten des beabsichtigten Rechtsmittels noch einmal (selbst-)kritisch zu prüfen.